Elf Regeln für den Steuerpflichtigen, wenn die Steuerfahndung kommt

I. Ausgangssituationen

1. Die Steuerfahndung beginnt im Regelfall mit einer Hausdurchsuchung;1 die Einleitung des Strafverfahrens ist bekannt gegeben. Die Steuerfahnder kommen überraschend. Sie kommen gleichzeitig zu Ihnen Hause, in den Betrieb, an den Arbeitsplatz und in das Ferienhaus. Die Steuerfahnder beginnen die Durchsuchung morgens und selten montags.2

2. In manchen Fällen kann die bevorstehende Hausdurchsuchung erahnt werden.

Geprüft werden muss, ob eine Selbstanzeige noch möglich und zweckmäßig ist; die strafbefreiende Wirkung der Nacherklärung entfällt, wenn die Steuerfahndung erscheint.

Bei dem Verdacht, dass die Steuerfahndung bevorsteht, aber auch ohne diesen empfiehlt sich, die Hausdurchsuchung mit Ihrem Berater in regelmäßigen Abständen mittels einer Simulation vorzubereiten.

Auszugehen ist von dem schlechtesten Fall („worst case“). Sprechen Sie über Untersuchungshaft (U-Haft). Treffen Sie Vorkehrungen für den Fall der Abwesenheit von der Familie und dem Unternehmen. Bereiten Sie Vollmachten vor. Denken Sie an die Finanzierung der Kaution. Planen Sie die Mittel für die Honorierung Ihrer Berater.

Sprechen Sie mit Ihrer Familie, wie sie sich verhalten soll, wenn die Steuerfahndung erscheint. Informieren Sie die Mitarbeiter. Zeugen müssen wissen, dass sie nicht verpflichtet sind, anlässlich der Durchsuchung zur Sache auszusagen. Zeugen sollten schweigen.

Vermeiden Sie eine Rufschädigung. Informieren Sie Kunden, Lieferanten, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, dass die Steuerfahndung bevorstehen könnte. Auch Banken sind vorzubereiten. Banken unterliegen gegenüber der Steuerfahndung keinem „Bankgeheimnis“.

3. Die elf Verhaltensregeln sind ein Leitfaden für den Steuerbürger, wenn die Steuerfahndung kommt. Die Beratung ersetzt der Leitfaden jedoch nicht.

II. Elf Verhaltensregeln

1. Regel

Bewahren Sie – soweit es bei einer Hausdurchsuchung möglich ist – Ruhe. Die Hausdursuchung müssen Sie aushalten. Sie haben es in diesen Stunden nicht in der Hand. Die gerichtliche Überprüfung der Zwangsmaßnahme kann erst nach der Durchsuchung erfolgen.

2. Regel

Sprechen Sie mit dem Durchsuchungsleiter. Bitten Sie um die Kontaktdaten (Visitenkarte) sowie den Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss. Er wird sie Ihnen geben. Fragen Sie, an welchen Orten die Steuerfahndung durchsucht.

3. Regel

Unterschätzen Sie niemals die Steuerfahndung. Sie weiß mehr als Sie ahnen. Das gilt vor und nach der Hausdurchsuchung. Handeln Sie nicht ohne Beratung!

4. Regel

Rufen Sie unverzüglich Ihren Berater an; das wird Ihr Steuerberater, vielleicht auch Ihr Anwalt sein. Sie haben das Recht dazu. Bestehen Sie auf das Telefongespräch, auch wenn versucht werden sollte, es Ihnen abzusprechen. Speichern Sie die Telefonnummer Ihres Steuerberaters und Ihres Anwalts in Ihrem Telefon und Handy unter „Steuerberater“ oder „Anwalt“. – Schildern Sie Ihrem Berater die Situation, besonders an welchen Orten die Steuerfahndung durchsucht. Geben Sie Ihm die Kontaktdaten des Durchsuchungsleiters. Leiten Sie – wenn möglich per Fax, E-Mail oder als Bild (Foto-Handy) – den Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss an den Berater weiter. Die Berater können bereits auf der Hinfahrt mit dem Durchsuchungsleiter sprechen, organisatorische Fragen klären, weitere Berater einschalten, die die Hausdurchsuchung überwachen können, und den Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss zur Kenntnis nehmen. Der Durchsuchungsleiter sollte gebeten werden, erst dann mit der Durchsuchung zu beginnen, wenn der Berater eingetroffen ist. Das gelingt in einigen Fällen.

5. Regel

Organisatorisches ist vor der Durchsuchung zu klären. Zu vermeiden sind die zeitgleiche Durchsuchung an verschiedenen Orten oder die zeitgleicheBefragung von Zeugen.

6. Regel

Lassen Sie während der Hausdurchsuchung alles, wie es ist. Beseitigen Sie nichts. Verdunkelungsgefahr ist ein Haftgrund. Handeln Sie nicht unüberlegt. Räumen Sie nicht nach der Durchsuchung die Konten leer und brechen Sie nicht überstürzt ins Ausland auf. Fluchtgefahr ist ein Haftgrund.

7. Regel

Die Steuerfahndung ist berechtigt, Gegenstände (Tresor, Computer, Handy) sowie die privaten und geschäftlichen Papiere durchsehen. Die Steuerfahnder sind geübt. Der geschulte Blick wandert auf Schlüssel (Tresor, Schließfächer) sowie Schreiben, Briefe, Bankunterlagen, Kontoauszüge, Visitenkarten, Notizzettel, Notizbücher, Telefonverzeichnisse, Verträge, Aufträge, Rechnungen, Quittungen, Schmierzettel, Terminkalender, Bilder, Reiseunterlagen uä. Die Gegenstände und die Papiere, die die Steuerfahndung mitnehmen möchte, kann sie beschlagnahmen; das gilt selbst dann, wenn ein richterlicher Beschlagnahmebeschluss nicht vorliegt. Auf die Beschlagnahme muss bestanden werden. Geben Sie nichts freiwillig heraus. Die Beschlagnahme lässt sich gerichtlich überprüfen; dagegen schließt die freiwillige Herausgabe die gerichtliche Überprüfung aus.

8. Regel

Beschlagnahmte Gegenstände sind in ein Sicherstellungsverzeichnis aufzunehmen. Auf die genaue Bezeichnung der verzeichneten Gegenstände ist zu achten. Die Steuerfahndung muss das Sicherstellungsverzeichnis aushändigen.

9. Regel

Sagen Sie anlässlich der Durchsuchung nichts zur Sache. Die Steuerfahndung nutzt den Überraschungseffekt. Beraten Sie mit Ihrem Steuerberater oder Anwalt, was sinnvoll und zweckmäßig ist. Vorsicht bei Aussagen der Steuerfahndung zu den Straffolgen für den Fall eines schnellen Geständnisses. Über die Strafe entscheidet nicht die Steuerfahndung, sondern das Gericht. Gleiches gilt bei Aussagen der Steuerfahndung zu Erlass-, Stundungs- oder Vollstreckungsmaßnahmen. Zuständig ist nicht die Steuerfahndung, sondern das Finanzamt. Zeugen sollten zur Sache schweigen.

10. Regel

Die Hausdurchsuchung endet mit einer abschließenden Besprechung. Über die Durchsuchung ist ein Protokoll aufzunehmen. Das Protokoll muss das Datum, den Ort, den Beginn und das Ende der Durchsuchung sowie die Namen der an der Durchsuchung beteiligten Personen enthalten. Die Steuerfahndung muss das Protokoll aushändigen.

11. Regel

Die Steuerfahndung kann ein zweites Mal durchsuchen. Rechnen Sie immer damit.

 

1 Die Bilder vom 14.2.2008 im Fall Zumwinkel sind vielen noch im Gedächtnis.

2 Häufig dient der Montag der Anreise der Beamten und der Organisation der Hausdurchsuchung.

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